Stellungnahme des Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren (ABS) zum Entwurf des fünften Hochschulrechtsänderungsgesetzes der Landesregierung Baden-Württemberg

Bildung ist ein öffentliches Gut und muss über ein gerechtes Steuersystem von Bund und Ländern auskömmlich finanziert werden. Es kann nicht die Aufgabe von Studierenden sein, hier Beiträge zu leisten. Studiengebühren verschärfen die Krise des deutschen Bildungssystems und machen dies sozial selektiver als ohnehin schon. 

Deswegen fordern wir die Landesregierung Baden-Württemberg auf, die Studiengebühren für internationale Studierende und die Zweit-Studiengebühren sofort und komplett abzuschaffen. Eine weitere Verzögerung wird den betroffenen Personen nicht gerecht. Die bereits 2023 angekündigte Abschaffung der Studiengebühren dauert schon viel zu lange.

Im Gesetzesentwurf vorgesehen ist nur die Abschaffung der Zweit-Studiengebühren für Lehramtsstudierende. Begründet wird dies mit dem Mangel an Lehrer*innen. Es ist widersprüchlich, den Fachkräftemangel an dieser Stelle zu sehen, an allen anderen Stellen aber zu ignorieren. Die Gelegenheit, die Zweit-Studiengebühren für alle abzuschaffen sowie die extra Studiengebühren für internationale Studierende zurückzunehmen wird komplett versäumt. 

Die Ankündigung, Studiengebühren für Nicht-EU/EWR Studierende abzuschaffen, ist ein erster Schritt. Dies allerdings nicht im Gesetzesentwurf zu verankern, halten wir für den falschen Weg. Die Abschaffung der Studiengebühren für die Haushalte 25/26 kann nicht mehr realisiert werden. Ein Beschluss der Abschaffung am 18. Dezember 2024 reicht nicht aus – eine Implementierung im Gesetzesentwurf ist notwendig.

Damit hätte die Landesregierung Baden-Württemberg keine weitere Gelegenheit, die Abschaffung der Studiengebühren erneut verschieben zu können.

A. Studiengebühren für internationale Studierende abschaffen

Internationale Studierende sind ganz besonders von den Hürden des deutschen Bildungssystems betroffen. Die Studiengebühren von 1.500 € pro Semester in Baden-Württemberg verschärfen diese Hürden um ein Vielfaches. 

Ohne die Studiengebühren für internationale Studierende wäre Baden-Württemberg für Fachkräfte aus dem Ausland wesentlich attraktiver. Eine nur teilweise Abschaffung der Studiengebühren bleibt unverständlich. Wir wissen aus den Zahlen, die das Aktionsbündnis und der DAAD vorgelegt haben, dass seit der Einführung der Studiengebühren für internationale Studierende der Anteil an internationalen Studierenden enorm eingebrochen ist. Die Image-Kampagne „The Länd“ zur Anwerbung von Fachkräften steht im kompletten Kontrast zur Einführung der Studiengebühren für internationale Studierende. Unserer Meinung nach schließt sich beides gegenseitig aus. 

1. Selektivität im deutschen Bildungssystem und soziale Auswirkungen

Der Zugang zu Hochschulen in Deutschland hängt in hohem Maße vom Bildungsgrad der Eltern ab. Chancengleichheit wird nur in geringem Maße realisiert. 30 % der Studierenden sind von Armut bedroht und müssen für ihren Lebensunterhalt parallel zum Studium arbeiten. Das BAföG reicht weder aus, um die Lebenshaltungskosten noch die Kosten für Lehrmaterialien zu decken. Ausländische Studierende haben im Gegensatz zu den übrigen Studierenden in Deutschland keinen Anspruch auf BaföG. Sie erhalten demnach keinerlei finanzielle Unterstützung vom deutschen Staat. Dennoch müssen sie, um erfolgreich ein Visum beantragen zu können, bereits im Heimatland nachweisen, dass sie den Bafög-Höchstsatz von aktuell 934€/Monat (zukünftig 992€) zur Verfügung haben werden – und das für ein komplettes Jahr. Bereits um einreisen zu dürfen, müssen Nicht-EU-Studierende somit einen Betrag von 11.208€ nachweisen. Viele kommen daher schon verschuldet in Deutschland an, da sie und ihre Familien für ihren „Traum vom Studium in Deutschland“ finanzielle Belastungen aufgenommen haben.

Hinzu kommen massive Probleme bei der Wohnungssuche. Hier werden sie aufgrund ihrer Sprachkenntnisse, ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft oft Opfer von Diskriminierung und Rassismus. Selbiges gilt auf dem Arbeitsmarkt bei der Suche nach einem Nebenjob. Diese Lage hat sich durch die Corona-Pandemie und den Kriegen in und außerhalb von Europa noch verschärft. Internationale Studierende erhoffen sich neben einer qualitativ hochwertigen Ausbildung und der Aussicht auf einen sichere. Arbeitsplatz in Deutschland vor allem eins: Sicherheit. In Deutschland fühlen sich internationale Studierende zu 60 % sehr sicher. Internationalen Studierenden unter den oben angeführten Bedingungen zusätzliche Studiengebühren zuzumuten ist absolut untragbar und führte bereits nachweislich dazu, dass der Anteil an  internationalen Studierenden in Baden-Württemberg extrem eingebrochen ist.

2.  Studiengebühren im internationalen Vergleich

Die Landesregierung behauptet, die Studiengebühren für ausländische Studierende wären im internationalen Vergleich moderat. Fakt ist jedoch, sowohl in Großbritannien als auch in den USA können sich viele Studierende (diejenigen mit reichen Eltern ausgenommen) die Studiengebühren nicht leisten, verschulden sich entsprechend, und können die angehängten Schulden erst viele Jahre später  zurückzahlen – wenn überhaupt. Die Beispiele zeigen, dass die Begründung „aber andere Länder machen das auch so“ weder hinreichend noch vollständig ist, sondern schlichtweg bequem. Nur weil es in anderen Ländern Studiengebühren gibt, heißt es nicht, dass die Menschen vor Ort nicht darunter leiden. Die Einführung von Studiengebühren im Süden Deutschlands bedarf folglich einer differenzierteren Begründung. Studiengebühren (insbesondere solche, die nur von einer bestimmten Zielgruppe gezahlt werden sollen) sind nicht normal. – Im Gegenteil: sie grenzen Menschen systematisch aus, indem sie ihnen ihr Recht auf Bildung verweigern und den Zugang zu Hochschulen versperren. Man blicke nur einmal nordwestlich, auf NRW: Auch dort sollten im Jahr 2018 Studiengebühren für internationale Studierende eingeführt werden. Nach zahlreichen Demonstrationen von Studierenden, Gewerkschaften und verbundenen Institutionen sowie Gesprächen mit den involvierten Akteur*innen in der Politik wurde der Plan schließlich abgesagt. Statt die internationalen Studierenden zur Kasse zu bitten, verkündete die Wissenschaftsministerin des Landes, die sogenannten „Qualitätsverbesserungsmittel“(QVM) für die Hochschulen von bisher 249 auf 300 Millionen Euro jährlich zu erhöhen. Und genau von da sollte das Geld für jedwede Qualitätsverbesserungen an Hochschulen kommen: vom Land.

3. Rezeption der Studiengebühren nach dem sogenannten Baden-Württemberger Modell

Von Anfang an standen die Studiengebühren für internationale Studierende in Baden-Württemberg unter starker Kritik. Bis jetzt hat kein weiteres Bundesland allgemeine Studiengebühren für ausländische Studierende eingeführt. Lediglich in Sachsen und Bayern können einzelne Hochschulen entsprechende Gebühren erheben oder planen selbiges. Alle anderen Bundesländer haben nach der Einführung der Gebühren in Baden-Württemberg und den damit einhergehenden, stark eingebrochen  Zahlen an internationalen Studierenden, davon Abstand abgenommen. An dieser Stelle sei nochmal erwähnt, dass NRW die Gebühren einführen wollte, dies aber nach einer Anhörung im Landtag und einer Unterschriftenaktion der Studierenden, die 8.000 Menschen unterschrieben haben, unterließ. Offensichtlich scheint also keine Notwendigkeit für diese Gebühren zu bestehen, selbst in Bundesländern, die deutlich weniger Geld zur Verfügung haben als das relativ reiche Baden-Württemberg. Im Übrigen werden die Studiengebühren sowohl von der grünen Bundestagsfraktion, von entwicklungspolitischen Expert*innen und der grünen Jugend Baden-Württemberg stark kritisiert. Mittlerweile hat sich auch die IHK Baden-Württemberg der Ablehnung der Studiengebühren angeschlossen. 

4. Wirtschaftliche Auswirkungen

Vor über einem Jahr hat die Landesregierung Baden-Württemberg auf Druck der Wirtschaft angekündigt, die Studiengebühren für internationale Studierende abzuschaffen. Die Begründung der Ankündigung ist rein wirtschaftlich. Dass internationale Studierende ein Recht auf ein selbstbestimmtes Studium haben und dass Studiengebühren diskriminierend sind, spielte bei der Ankündigung leider keine Rolle. Dennoch sollten die wirtschaftlichen Argumente allein Grund genug sein.

Stattdessen wird den internationalen Studierenden ein mangelnder Inlandsbezug vorgeworfen. Dies entspricht nicht den Tatsachen, denn viele Studierende wollen nach dem Studium in Deutschland bleiben und auch dauerhaft in Baden-Württemberg arbeiten. Dies belegen Zahlen des DAAD. So können internationale Studierende dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu verringern. Man muss den Feldversuch der Landesregierung Baden-Württemberg, eine selektive Einführung von Studiengebühren zu starten, also als gescheitert ansehen.

5. Applaus von der AfD

Studiengebühren für internationale Studierende einzuführen, ist für ein Bundesland, welches sich grundsätzlich als weltoffen versteht, problematisch. Sie benachteiligen internationale gegenüber deutschen Studierenden. Sie verschieben das Sagbare deutlich nach rechts. Nicht umsonst hat die AfD in anderen Bundesländern Studiengebühren für internationale Studierende gefordert. Besonders bestürzend war die Aussage des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann im Jahre 2013: „Wir bilden jedes Jahr ein koreanisches Symphonieorchester aus. In Korea zahlt man Studiengebühren von bis zu 13.000 Dollar pro Semester.“ Hier tritt die fremdenfeindliche Haltung der Landesregierung klar zu Tage, welche den Hintergrund für die Einführung der Gebühren bildete. Angesichts einer erstarkenden AfD ist das mehr als besorgniserregend. 

B. Zweit-Studiengebühren für alle abschaffen 

1. Freie Bildung statt sozialer Selektivität des Bildungssystems

Alle sollten ohne Hürden studieren können, was immer sie möchten. Die Partizipation und Selbstbestimmung des Individuums müssen im Mittelpunkt stehen und sollten aufgrund des Rechts auf Bildung schon längst Normalität sein. Dies ist jedoch kaum möglich, wenn neben dem Studium gearbeitet werden muss, um die eigenen Lebenshaltungskosten decken zu können. Zusätzliche Zweit-Studiengebühren verschärfen das Problem und sorgen umso mehr dafür, dass nur Menschen mit entsprechendem finanziellen Background ein Zweitstudium leisten können. Das ist zutiefst unfair.

2. Wirtschaftliche Auswirkungen

Offensichtlich hat die Landesregierung eingesehen, dass es zu wenig Lehrer*innen gibt und Studiengebühren entsprechende Hürden darstellen. Der Fachkräftemangel beschränkt sich aber nicht nur auf Schulen, sondern ist auch in anderen Wirtschaftsbereichen spürbar. Auch zur Bekämpfung dessen wäre eine Abschaffung sämtlicher Zweit-Studiengebühren hilfreich, auch wenn das aus unserer Sicht nicht das Hauptargument ist. Gerade bei einem sich stark änderndem Arbeitsmarkt und den damit einhergehenden Herausforderungen sollte es Menschen ermöglicht werden, sich anzupassen und entsprechend ein zweites Studium aufzunehmen zu können. 

Abschließend möchten wir auf folgende aktuelle Petitionen gegen Studiengebühren für nicht EU/EWR Student*innen hinweisen. Wir freuen uns über weitere Unterstützung.

Nur mit Weltoffenheit und Solidarität können wir dem zunehmendem Rechtsruck in der Bundesrepublik entgegnen.

https://www.change.org/p/nein-zu-diskriminierender-studiengeb%C3%BChr-an-tum-no-to-discriminatory-tuition-fee-at-tum?utm_source=share_petition&utm_medium=qr_code&utm_campaign=starter_dashboard&recruited_by_id=a6995300-2811-11e6-b962-cd9b73dbfab0&recruiter=550697756

https://www.openpetition.de/petition/online/abschaffung-der-studiengebuehren-fuer-internationale-studierende-und-zweitstudierende-in-bw

Pressemitteilung: Petition zur Abschaffung der Studiengebühren für internationale Studierende und Zweitstudierende in Baden-Württemberg gestartet

Studierendenverbände fordern die sofortige Abschaffung der Studiengebühren für ausländische Studierende und Zweitstudierende. Die Landesregierung und der Landtag von Baden-Württemberg sind zum sofortigen Handeln gegen die diskriminierenden Studiengebühren aufgefordert. Dazu starten mehrere landes- und bundesweite Organisationen und Verbände eine Petition.

In Baden-Württemberg müssen ausländische Studierende seit 2017 1.500 Euro Studiengebühren pro Semester bezahlen. Dadurch werden sie massiv belastet und diskriminiert. Zweitstudierende zahlen 650 Euro im Semester.

„Das ‚Netzwerk – Stopp Studiengebühren‘ tritt für Bildung, Chancengleichheit und ein inklusives und vielfältiges akademisches Umfeld ein. Wir möchten die Aufmerksamkeit auf das Problem lenken, dass internationale Studierende und Zweitstudierende in Baden-Württemberg seit der Einführung von Studiengebühren im Jahr 2017 betrifft: Sie sind besonders stark durch die Studiengebühren belastet. Auch wenn es immer wieder Überlegungen gibt, die Studiengebühren abzuschaffen, wird nicht gehandelt,“ kritisiert Kerem Caglar, der Initiator der Petition.

„Jetzt wollen wir nochmal die Verantwortlichen im Landtag und in der Regierung von Banden-Württemberg nachdrücklich auffordern, die vollständige Abschaffung der Gebühren sofort zu beschließen. Ein Aus der Studiengebühren muss sofort beschlossen werden. Für die Hochschulen müssen natürlich entsprechende Kompensationszahlungen zur Verfügung gestellt werden. Diese dürfen nich zu Lasten anderer Bereiche aus den Hochschuletat gehen und müssen für Integrationsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Wir fordern als Netzwerk aus Studierendenverbänden und Vertretungen von der Landesregierung die sofortige Abschaffung der Studiengebühren für ausländische Studierende und die Zweitstudiengebühren!“ führt Kurt Stiegler vom Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren (ABS) aus.

Studiengebühren schrecken ausländische Studierende ab, da sie die Studiengebühren nicht aufbringen können. Im Bundesdurchschnitt ist die Zahl der internationalen Studierenden um 32 % gestiegen. Nicht so in Baden-Württemberg, wo die Zahl um 9 Prozent gesunken ist. Alle anderen Bundesländer haben steigende Zahlen ausländischer Studierender (bis zu 178%). Der Anteil, der Studierenden aus Afrika ist von 3.793 im Wintersemester 2016/17 auf 2.523 im Wintersemester 2020/21 um gut 33 % gesunken.

„Dieser massive Rückgang zeigt die abschreckende Wirkung und die Folge finanzieller Hürden. Studiengebühren diskriminieren und schrecken ab.“, so Fabian de Planque vom Bundesverband ausländischer Studierender (BAS), der weiter aufzeigt, dass dies zu einer nachdrücklichen Einschränkung des kulturellen Reichtums und der Vielfalt an den Bildungseinrichtungen führt. „Die Internationalisierung, vor allem die Internationalität der Studierendenschaft wird stark beeinträchtig. Wir müssen diesen Trend unbedingt umkehren und ein Umfeld schaffen, das alle Studierende ermutigt, sich für ein Studium in Baden-Württemberg zu entscheiden.“ Die Zahl der Zweitstudierenden ist von 7.941 im Wintersemester 2016/17 kontinuierlich auf 5.568 im Wintersemester 2022/23 um knapp 30 % gesunken.

Internationale Studierende sind aufgrund der Energiekrise, der Inflation, massiver Mietssteigerungen und der Schwierigkeiten in den jeweiligen Heimatländern sowie der durch die Pandemie verursachten Probleme massiven Finanzproblemen ausgesetzt. Diese Umstände haben zu größeren finanziellen Schwierigkeiten, eingeschränkten Arbeitsmöglichkeiten und einem eingeschränkten Zugang zu wichtigen Ressourcen geführt. Für ausländische Studierende ist es immer schwieriger, ihre Ausgaben zu bewältigen. Auch die der zusätzlichen Belastung durch die Studiengebühren.

Sascha Wellmann von freien zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) betont: „Bildung muss für Alle zugänglich sein – unabhängig von Nationalität und sozi-ökonomischen Status. Chancengleichheit in der Bildung und die Förderung eines einladenden und integrativen akademischen Umfelds müssen unter Beweis gestellt werden und es muss dafür gesorgt werden, dass Studierende aus aller Welt nach Baden-Württemberg kommen können. Dies ist auch notwendig, um dem massiven Fachkräftemangel auch in der baden-württembergischen Wirtschaft entgegenzuwirken.“

Das Netzwerk fordert die Landesregierung und den Landtag von Baden-Württemberg auf in einen Dialog mit den Studierendenvertreter*innen einzutreten und die Gebühren endlich abzuschaffen.

https://www.openpetition.eu/petition/online/abschaffung-der-studiengebuehren-fuer-internationale-studierende-und-zweitstudierende-in-bw

Baden-Württemberg: Ungerechtigkeit beenden – Studiengebühren für internationale Studierende abschaffen

Pressemitteilung

Aktionsbündnis fordert sofortige Abschaffung der Studiengebühren für internationale Studierende

Das Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren setzt sich nachdrücklich für die sofortige Abschaffung der Studiengebühren für Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland ein. Angesichts des politischen Rückenwinds der letzten Wochen, in denen sowohl Verbände als auch die IHK die Abschaffung dieser diskriminierenden Gebühr gefordert haben, muss nun gehandelt und die Gebühr umgehend abgeschafft werden. Die morgige Anhörung (14.06.) im Wissenschaftsausschuss des Landtags sollte eine klare Empfehlung aussprechen.

„Es gibt keine Zeit zu verlieren. Jeden Tag führt diese Gebühr zu neuen Ungerechtigkeiten, hindert Menschen daran, in Baden-Württemberg zu studieren, verursacht existenzielle Notlagen und macht Baden-Württemberg zunehmend zu dem unattraktivsten Bundesland für internationale Studierende“, erklärt Kurt Stiegler vom Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren.

Das Aktionsbündnis beobachtet seit Jahren den Rückgang der Zahlen von Studierenden aus Nicht-EU-/EWR-Ländern im ersten Fachsemester und hat dies bereits vor der Einführung der Gebühren prognostiziert. Erst kürzlich hat auch die Industrie- und Handelskammer die Landesregierung aufgefordert, die Studiengebühren für internationale Studierende abzuschaffen, da es an Absolvent*innen mangelt. Die Landesregierung kündigte daraufhin die Abschaffung der Studiengebühren für das Jahr 2024 an.

„Während wir die Pläne zur Abschaffung der Gebühr begrüßen, ist es uns dennoch wichtig zu betonen, dass die Auswirkungen der Gebühr nicht ausschließlich auf die wirtschaftlichen Folgen für das Land Baden-Württemberg im Zusammenhang mit dem sogenannten Fachkräftemangel reduziert werden sollten. Wir möchten, dass sich die Landespolitik auch nach der Abschaffung der Gebühr mit den Bedürfnissen und Wünschen internationaler Studierender auseinandersetzt und die Internationalisierung weiter aktiv fördert“, erklärt der Sprecher des Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren.

Bereits 2021 konnten wir statistisch die massiven Auswirkungen der Gebühr erfassen, und nun liefert auch der DAAD entsprechende Daten, die die Ungerechtigkeit dieser Gebühr weiter verdeutlichen. Daher erwarten wir von der Landesregierung, die Gebühren umgehend und ohne aufschiebende Wirkung abzuschaffen oder bis zur endgültigen Abschaffung auszusetzen. Die Abschaffung der Zweistudiengebühren ist ebenfalls von großer Bedeutung und darf nicht vernachlässigt werden, da sie insbesondere Menschen aus ärmeren Familien überproportional betrifft.
Zur Anhörung des Wissenschaftsausschusses des Landtags am 14.06. erwartet das Aktionsbündnis von der Landesregierung einen klaren Fahrplan zur Abschaffung der Studiengebühren in Baden-Württemberg.

Ein herber Schlag für internationale Studierende – Staatsgerichtshof bestärkt Ungleichbehandlung durch Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen in Baden-Württemberg

Ein herber Schlag für internationale Studierende – Staatsgerichtshof bestärkt Ungleichbehandlung durch Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen in Baden-Württemberg

Mit seinem Urteil vom 10. Oktober (1VB29-18) hat der Staatsgerichtshof Baden-Württembergs in Stuttgart die Landesverfassungsbeschwerde eines betroffenen, der durch das Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren (ABS) unterstützt wurde, abgewiesen.

“Für uns ist diese Entscheidung mehr als enttäuschend. Es macht uns traurig, dass wir für die vielen Betroffenen, die durch die Gebühr in eine finanzielle Schieflage geraten sind, keine Verbesserung bewirken konnten.“ erklärt Sergej Haar, Vorstand des Bundesverbands ausländischer Studierender. 

Insbesondere durch die Pandemie, Krieg und Energiekrise entstehen hier massive soziale Härten. Eine Argumentation, die durch verschiedenen Inlandsbezug differenziert, und hierdurch Ungleichbehandlungen rechtfertigen kann, möchten wir nicht teilen.

„Das Urteil ist für uns als Bündnis, aber letztlich vor allem für die Betroffenen ein herber Schlag. Wir möchten dennoch mit aller Deutlichkeit betonen, dass unser Engagement gegen die diskriminierenden Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen hier nicht endet!”, ergänzt der Sprecher des Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren.

Das Bündnis wir in der kommenden Zeit weitere Schritte erörtern. In den nächsten Wochen werden wir ein juristischen Kommentar zu dem Urteil veröffentlichen und damit das Thema fachlich kritisch beleuchten.

PM: Gebührenfreiheit für ukrainische Geflüchtete – Ein Schritt in die richtige Richtung, der jetzt noch mutiger werden muss

Das Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren begrüßt die Änderung das Landes Gebührengesetzes, doch fordert sogleich die Landesregierung dazu auf noch weitere notwenige Schritte einzuleiten, um allen aus der Ukraine fliehenden Studierenden ein Studium ohne Gebühren zu ermöglichen. 

Die geplante Maßnahme zur Aussetzung von Studiengebühren für ukrainische Geflüchtete ist ein sinnvoller Schritt in die richtige Richtung, denn sie geht eine Leerstelle an, die nicht nur in der Gebührenerhebung ungeregelt ist, sondern auch im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Dies muss auch als Auftrag an die Ampelkoalition verstanden werden, Förderlücken zu schließen und Menschen mit Fluchterfahrung unabhängig vom Bewilligungsstatus und Verfahrensstand des Asylverfahrens die Studienförderung zu ermöglichen,“ so der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Bildungs- und Studiengebühren, ABS. 

Wir wünschen uns nun mehr Mut, Studiengebühren grundsätzlicher in Frage zu stellen, denn viele Studierende, die aus der Ukraine geflohen sind, haben nicht die ukrainische Staatsangehörigkeit, und fallen nicht in die engmaschigen Voraussetzungsbestimmungen nach §24. Darüber hinaus ist der Zeitraum von drei Jahren zu eng bemessen. Die individuelle Kostenfreiheit alle weiterführenden Bildungswege für Nicht-EU-Bürger*innen muss nun konsequent in Baden-Württemberg durchgesetzt werden“ meint Nathalie Schäfer Koordinatorin des Aktionsbündnisses gegen Bildungs- und Studiengebühren, ABS. 

Kaum internationale Studienanfänger*innen – Die Pandemie zeigt ihre Spuren und verdeutlicht die Hürden in Baden-Württemberg

Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren veröffentlicht neue Zahlen zu internationalen Studierenden im Ländervergleich: Studiengebühren für internationale Studierende wirken auch in der Pandemie ausschließend in Baden-Württemberg.

Seit dem Wintersemester 2017 erhebt die grün-schwarze Landesregierung Baden-Württembergs als einziges deutsches Bundesland Studiengebühren für Studierende aus dem Nicht-EU/EWR-Ausland (im Folgenden: internationale Studierende). Die Einführung dieser Gebühr stieß damals auf heftige Kritik. Die vorliegenden Zahlen aus einer Sonderauswertung des statistischen Bundesamtes zeigen bundesweit die Folgen der Pandemie für internationale Studierende und Studienanfänger*innen, zudem verliert Baden-Württemberg immer stärken internationale Studierende im Ländervergleich. Eine Verfassungsbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof in Stuttgart verspricht bald juristische Klarheit über die Rechtmäßigkeit der Gebühr.

Die diesjährige Sondererhebung aus Daten des statistischen Bundesamtes zeigt bundesweit die Folgen der Pandemie. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der internationalen Studierenden bundesweit um gut 20% Prozent zurück. Anzumerken ist hierbei, dass die Daten die gesamte Anzahl von internationalen Studierenden angibt, die Zahl der Studienanfängerinnen dürfte als noch stärker rückläufig sein. Im Ländervergleich zeigt sich, dass der genannte Rückgang in Baden-Württemberg, welches als einziges Land bundesweit, flächendeckend Gebühren für internationale Studierende erhebt, der Rückgang noch deutlich stärker ist. Unten stehende Grafik ist verdeutlicht den signifikanten bundesweiten Rückgang von internationalen Studierenden während der Pandemie, zeigt aber ebenfalls deutlich, einen stetigen Rückgang von internationalen Studierenden in Baden-Württemberg seit der Einführung der Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländerinnen. Dies geht soweit, dass Baden-Württemberg, 2017 nach Bayern das Bundesland mit den zweitmeisten internationalen Studierenden, mittlerweile von Nordrhein-Westfalen und Berlin überholt wurde, siehe Grafik 1. Ein weiterer Rückgang ist auch zukünftig nicht auszuschließen.

Betrachtet mit die Zahl der internationalen Studierenden im ersten Fachsemester zwischen Wintersemester 2016/17 und 2020/21, so zeigt sich, dass trotz der Pandemie 15 Bundesländer, einen Zuwachs an internationalen Studierenden verbuchen konnten, einzig Baden-Württemberg muss einen Rückgang von knapp 37% hinnehmen, wie Grafik 2 zeigt.

Der Sprecher des Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren erklärt: “Die Pandemie stellte und stellt bundesweit insbesondere internationale Studierende vor gewaltige Herausforderungen, sie verstärkt aber auch in drastischer Weise für Baden-Württemberg den Trend, dass immer mehr internationale Studierende sich gegen ein Studium in Baden-Württemberg entscheiden.”

Nathalie Schäfer vom vom Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren ergänzt: “Hinter diesem Entscheidungen stehen individuelle Schicksale, Menschen denen wegen einer diskriminierenden Gebühr ein Studium an den Hochschulen des Landes verwehrt wird. Wir fordern die Landresregierung und Ministerin Bauer auf, endlich zu handeln. Die Gebühr hat gezeigt, dass sie dem Hochschulstandort Baden-Württemberg irreparablen Schaden zufügt und verwehrt Interessierten ein Studium im Land.”

Ausländische Studierende müssen mangelnde Hochschulfinanzierung ausgleichen

Studierendenvertretungen kritisieren Studiengebühren für Nicht-EU Ausländer*innen

In Sachsen machen lediglich die beiden Musikhochschulen von der Möglichkeit Gebrauch, Studiengebühren für Nicht-EU Ausländer*innen zu erheben. An der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ (HMT) Leipzig gibt es diese Gebühren schon seit sieben Jahren. Die Hochschule für Musik Carl Maria von Weber (HfM) Dresden hat Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen in diesem Sommersemester erstmalig eingeführt. Gemeinsam mit der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) und dem Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) kritisieren die Studierendenräte (StuRä) der Musikhochschulen Sachsens die Erhebung der Gebühren.

Sofija Radic, Sprecherin für ausländische Studierende des StuRa der HfM Dresden, erklärt: “Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland, wie ich, werden zur Kasse gebeten, damit die Hochschule ihre zahlreichen Lehrbeauftragungen finanzieren kann. Das zeigt vor allem, dass die Musikhochschulen massiv unterfinanziert sind. Es ist ein Skandal, dass wir als ein Teil der Studierenden – allein aufgrund unserer Herkunft – die Kosten der Bildung für alle tragen sollen. Denn viele meiner ausländischen Kommiliton*innen kommen aus Ländern, dessen wirtschaftlicher Status es ihnen nicht möglich macht die Studiengebühren zu zahlen.”

Nathalie Schäfer, Koordinatorin des ABS, ergänzt: “Studiengebühren bedeuten einen sozialen Ausschluss. Das Recht auf Bildung darf niemals von den finanziellen Voraussetzungen abhängen. Sachsen ist eines der wenigen Bundesländer, die überhaupt noch Studiengebühren erheben. Insbesondere Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen lehnen wir aufgrund ihres rassistischen Charakters entschieden ab.”

“Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen können aufgrund § 12 Absatz 3 Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz (SächsHSFG) von den Hochschulen erhoben werden. Schon allein, dass das Gesetz diese Möglichkeit enthält, ist eine Farce. Wir setzen uns seit der Einführung der Studiengebühren dafür ein, sie wieder abzuschaffen. Dies muss mit der anstehenden Novelle des SächsHSFG unbedingt geschehen. Sowohl für die bessere Finanzierung der Hochschulen als auch für die Abschaffung der Gebühren ist das Sächsische Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWKT) um Minister Gemkow verantwortlich.” so Paul Senf, Sprecher der KSS, abschließend.

PM: Neue Zahlen zu Studiengebühren in BW zeigen derer Folgen

Abgehängt hinter Bayern, NRW und Berlin 

Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren veröffentlicht Zahlen zum Rückgang der internationalen Studierenden in Baden-Württemberg 

Seit dem Wintersemester 2017 erhebt die grün-schwarze Landesregierung Baden-Württembergs als einziges deutsches Bundesland Studiengebühren für Studierende aus dem Nicht-EU/EWR-Ausland (im Folgenden: internationale Studierende). Die Einführung dieser Gebühr stieß damals auf heftige Kritik. Die hier vorgelegten Zahlen, aus einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts zeigen einen merklichen Rückgang internationale Studierender in Baden-Württemberg, und im bundesweiten Vergleich, dass das Land keinesfalls an die Steigerung des Anteiles internationaler Studierender, wie in anderen Bundesländern, anknüpfen kann. Eine Verfassungsbeschwerde vor dem Staatsgerichtshof in Stuttgart verspricht bald juristische Klarheit über die Rechtmäßigkeit der Gebühr.

Eine neue Sondererhebung aus Daten des statischen Bundesamtes wirft ein düsteres Licht auf die Internationalisierung im südwestlichsten Bundesland. Während Länder wie Bayern und NRW und den starken Aufwärtstrend bei der Einschreibung internationaler Studierender anknüpfen konnten,  immerhin eine Steigerung von rund 50 % in 2019 gegenüber 2015, bleibt Baden-Württemberg, welches sich vor der Einführung der Gebühr, noch in einem gleichen Aufwärtstrend befand, hinter den Erwartungen zurück. Im Gegenteil, sind die Zahlen in Baden-Württemberg in 2019 gegenüber 2015 sogar leicht rückläufig. (Vgl. Grafik 1)  In der Entwicklung der Zahl internationaler Studierender seit der Einführung der Gebühr im Wintersemester 2017/18 zu 2019 zeigt sich ein noch deutlicheres Bild, in allen anderen 15 Bundesländern ist die Zahl der internationalen Studierenden, in genannten Zeitraum stark gestiegen, in einigen Ländern 50 % und mehr, in Baden-Württemberg ging diese jedoch etwa 13 % zurück (Vgl. Grafik 2).  Somit werfen die Zahlen ein Düsteres Licht auf die Internationalisierung an den Hochschulen Baden-Württembergs. Das Land wird abgehängt hinter anderen die keine Gebühr erheben.

Nathalie Schäfer vom Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren sagt: „Es ist wichtig sich aber auch klar zu machen, dass hinter jeder einzelnen Person, die aus dem Ausland nicht ein Studium in Baden-Württemberg aufnimmt, auch ein individuelles Schicksal steht. Die Zahlen machen es unbestreitbar, dass die Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen einigen das Studium in Baden-Württemberg verwehren.”

Der Sprecher des Aktionsbündnis gegen Studiengebühren ergänzt: “ So wird einigen womöglich ihr Wunschstudium an den renommierten Hochschulen des Landes verwehrt, aber auch die Hochschulen sind die Verlierer. Es ist unbestritten, welchen Gewinn internationale Studierende für die Hochschulen, aber auch für das Land bedeuten. Sie bringen neue Perspektiven, sorgen für eine größere Diversität der Bildungslandschaft und sind selbst in wirtschaftlicher Hinsicht ein Gewinn.“

Die Landesregierung hatte in der Vergangenheit keinen Bezug der Zahl der internationalen Studierenden in Baden-Württemberg hergestellt, und den Vergleich vermieden. Dieser ist jedoch, die einzige Möglichkeit in einem vergleichbaren Hochschulraum der Länder des Bundes, die quantitativen Folgen der Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen aufzuzeigen.

Die Corona-Pandemie hat die Situation für internationale Studierende verschärft. Diese sind stark von der Krise betroffen, haben ihren Job verloren, können unter Umständen nur eingeschränkt studieren, müssen aber dennoch die volle Studiengebühr bezahlen. Vor allem, weil Ministerin Bauer sich vehement weigerte den internationalen Studierenden die Gebühr zu erlassen. So ist davon auszugehen, dass nun Bundesmittel aus der Überbrückungshilfe den Bildungshaushalt Baden-Württemberg konsolidieren. 

PM: Studierendenverbände fordern nachdrücklich die Abschaffung der Studiengebühren für ausländische und Zweitstudierende in Baden-Württemberg

Die Landesstudierendenvertretung Baden-Württemberg, der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS), das Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren (ABS), der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg fordern die Aussetzung der Studiengebühren für ausländische Studierende und Zweitstudierende, die Ministerin lehnt eine Aussetzung ab. Dennoch trifft die Corona-Krise im besonderen Maße ausländische Studierende. Die meisten finanzieren sich ihr Studium durchs Jobben, dazu kommen Einschränkungen im Aufenthaltsrecht, wie der Finanzierungsnachweis, der andere ‚Hilfen‘ für sie fast nutzlos macht. „Im Zuge der Corona-Pandemie fehlt besonders Studierenden aus Nicht-EU-Ländern die finanzielle Absicherung, da ihre Jobs weggebrochen sind. Dennoch ist für uns klar, dass die coronabedingten Umstände nur das zutage fördern, was allen bis auf Theresia Bauer bereits bewusst war: Die Studiengebühren bedeuten einen sozialen Ausschluss, das Recht auf Bildung darf niemals an ökonomische Bedingungen geknüpft sein“, sagt Nadia Galina, Referentin für Hochschulpolitik des BAS. Andreas Bauer von der Landesstudierendenvertretung Baden-Württemberg ergänzt: „Das Ministerium nimmt Studienabbrüche ausländischer Studierender in Kauf. Besonders Theresia Bauer lehnt die Aussetzung der Studiengebühren für ausländische und Zweitstudierende in Baden-Württemberg ab.“ „Deshalb richten wir unseren Appell gezielt an sie. Eine Vielzahl baden-württembergischer Studierendenschaften hatte dies bereits in einem offenen Brief an die Ministerin thematisiert. Eine Antwort ist uns die Ministerin bis heute schuldig geblieben“, führt Jacob Bühler, Sprecher des freien zusammenschluss von student*innenschaften, aus.

„Es gibt Scheinvorschläge aus dem Ministerium, wie Notlagen der Studierenden durch die Hochschulen behandelt werden sollen. Diese sind realitätsfremd und werden die Studierenden nicht real entlasten. Das Ministerium entzieht sich so seiner Verantwortung und wälzt diese auf die Hochschulen ab, die bereits chronisch unterfinanziert sind. So wird die Bearbeitung der Anträge noch weiter belastet und verzögert. Das ist mehr als zynisch“, meint Nathalie Schäfer vom Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten der GEW für das Aktionsbündnis gegen Studien- und Bildungsgebühren.

Das Land zieht sich mit der halbherzigen Bereitstellung von einer Million Euro für einen sogenannten Nothilfefond aus der Verantwortung, zeigt aber gleichzeitig mit dem Finger auf das Bundesbildungsministerium mit Hinblick auf 900 Millionen Euro nicht verausgabter BAföG-Mitteln. Obwohl Ministerin Bauer vom Bund einen Zuschuss für Studierende fordert, kann sich das Land nur zu einem symbolischen Darlehen von bis zu 900 Euro durchringen. „Wer Schulden von 900 Euro macht, muss diese dann auch „abarbeiten“ – und dieses Arbeiten geht letztlich auf Kosten des Studiums. Das kann nicht die Lösung sein. Für internationale Studierende wirkt dieses Angebot zudem nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein!“ erläutert Kathrin Leipold, Referentin für Hochschule und Forschung und Studierendenarbeit der GEW Baden-Württemberg.

Wirkung der Studiengebühren in Baden-Württemberg bestätigt Befürchtungen

2010 wurden die allgemeinen Studiengebühren in NRW auf Grund der Proteste der Studierendenschaften nach weniger als einer Legislaturperiode wieder abgeschafft. Als die schwarz-gelbe Landesregierung im vergangenen Jahr mit dem Plan antrat, nach dem Vorbild von Baden-Württemberg Studiengebühren in Höhe von 1500 € pro Semester von Nicht-EU-Studierenden zu verlangen, führte der Protest dazu, dass ihre Entscheidung zunächst verschoben wurde, um erste Statistiken zur Wirkung solcher Gebühren aus Baden-Württemberg abzuwarten. Am 8.5. meldete das Statistische Landesamt Baden-Württemberg nun: „Trendwende bei den Studierendenzahlen (…) Weniger Bildungsausländerinnen und -ausländer nach Einführung von Studiengebühren (…) Gegenüber dem Wintersemester 2016/17 sank die Anzahl (…) um 21,0 %“.

Katrin Lögering vom Landes-ASten-Treffen NRW analysiert die Zahlen des statistischen Landesamtes genauer: „Die Zusammensetzung der Gruppe der ausländischen Studierenden hat sich stark verschoben. So gibt es fast gar keine Neueinschreibungen von Studierenden aus Afrika mehr und deutlich weniger Studierende aus Asien. Die Studiengebühren in Baden-Württemberg führen offenbar dazu, dass künftig vorrangig das Geld darüber entscheidet, wer aus dem Nicht-EU-Ausland in Baden-Württemberg studieren kann. Die Folgen für die Hochschullandschaft hinsichtlich Forschung und Lehre sind für alle Studierenden immens, da Einbußen hinsichtlich des internationalen Austausches einfach in Kauf genommen werden. Zusätzlich dürfen Studierende aus dem Ausland meist nur sehr begrenzt neben dem Studium jobben. Die damit verbundene wahrscheinliche Verlängerung ihrer Studienzeit führt dazu, dass sie Probleme mit ihren Visa bekommen. Die Zahl der Studierenden aus dem Ausland, die ihr Studium ohne Abschluss abbrechen müssen bzw. abhängig vom elterlichen Geldbeutel sind, wird stark steigen.“

Kurt Stiegler vom Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren (ABS) kritisiert die gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen der Gebühren: „Studiengebühren abhängig vom Pass zu erheben, bedient in erster Linie national-egoistische Stimmungen und rückt rechte und diskriminierende Argumente in die Mitte der Gesellschaft. Zudem wird Bildung durch die Gebühren für alle zur Ware erklärt, auch wenn nur bestimmte Studierende die Gebühren zahlen müssen. Bildung muss endlich wieder überall als gesamtgesellschaftlicher Auftrag verstanden werden! Politik, die gesellschaftliche Gruppen gegeneinander ausspielt, halten wir für populistisch. Es liegt nahe, dass ein Studium so allein nach den Anforderungen der möglichen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ausgerichtet wird, damit sich Investitionen in die mit Preisschild versehene Bildung auch lohnen. Mit internationaler Solidarität und Bildung, wie wir sie verstehen, hat das nichts mehr zu tun.“

Der Protest wird nicht nur von studentischer Seite getragen. Inzwischen haben sich auch die Senate zahlreicher Hochschulen öffentlich positioniert. So schreibt etwa die Deutsche Sporthochschule Köln: „Damit die Hochschulen zu einer nachhaltigen, friedlichen und demokratischen Welt beitragen können, ist der wissenschaftliche Austausch auf internationaler Ebene – in Forschung und Lehre – zentral.“ Der Senat der Universität zu Köln erklärt in seiner Stellungnahme: „Gerade in Zeiten des Wiedererstarkens nationaler Egoismen und autoritärer Entwicklungen fühlt sich die Universität umso mehr verpflichtet, ihrer Aufgabe gerecht zu werden, offenes Diskussionsforum und plurale Wirkungsstätte für Studierende aus aller Welt zu sein. (…) Stipendienprogramme und Härtefallregelungen mögen die negativen Auswirkungen vielleicht abmildern, können sie aber keineswegs kompensieren. Die durch Studienbeiträge generierten Einnahmen stehen jedenfalls – ganz abgesehen von dem von den Universitäten zu leistenden Verwaltungsaufwand – in keinem angemessenen Verhältnis zu den zu befürchtenden Schäden.“

Nina Krüger vom Landesausschuss der Studentinnen und Studenten der GEW NRW meint: „Die Ministerin hat bei ihrem Antritt versprochen, keine Änderungen gegen die Stimmen der Hochschulen durchzusetzen. Wir nehmen die Ministerin jetzt beim Wort und fordern sie hiermit zu einem Kurswechsel auf: Bildung wird mehr, wenn man sie teilt. Bildung zur Ware zu machen heißt dagegen, sie denen vorzuenthalten, die sie sich nicht leisten können. Die damit verbundene Einschränkung von Entwicklungsmöglichkeiten, Ideen, Kultur, und Verbesserung der Lebensbedingungen können wir uns nicht länger leisten. Bildungsgebühren jeglicher Art endlich konsequent abzubauen, anstatt neue einzuführen, ist auf der Höhe der Zeit.“


Weitere Infos

– Pressemitteilung des statistischen Landesamtes Baden-Württemberg: https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2018095
– Beschlüsse der Hochschulen zu Studiengebühren: http://gewstudisnrw.blogsport.de/2018/01/27/stellungnahmen-gegen-die-studiengebuehrenplaene-der-landesregierung/